Ein besorgtes Gespräch unter gotischen Meisterwerken: Was kommt auf Europa zu? Und ein Blick auf Gottes mächtiges Wirken unter Muslimen. Viele sind wie Paulus auf der Strasse gen Damaskus.
Dr. Uwe Siemon-Netto
28. April 2016

Kurz bevor IS-Terroristen letztes Jahr 130 Menschen in Paris umbrachten, versündigte ich mich mit Hochgenuss gegen ihren bilderstürmischen Irrglauben. Ich fuhr zur St.-Stefans-Kathedrale im mittelalterlichen Bourges in Zentralfrankreich, um die Farbenpracht ihrer 22 Bleiglasfenster auf mich einwirken zu lassen. Stundenlang stand ich da und liess mir die Geschichte meines christlichen Glaubens in einer künstlerischen Schönheit erzählen, die dem Zeugnis der grossen Bach-Oratorien in keiner Weise nachsteht.

Anfangs stand ich allein im Chorumgang dieses gewaltigen gotischen Gotteshauses. Dann gesellte sich unvermittelt eine kultivierte Französin mir zu und verwickelte mich in ein langes Zwiegespräch über das drohende Ende unserer wunderbaren Zivilisation, die uns diese Fenster aus dem 13. Jahrhundert beschert hatten. Der Dialog war so beunruhigend, dass ich ihn wohl mein Leben lang nicht mehr vergessen werde.

«Wie lange wird es wohl noch dauern, Monsieur, bis dies das nächste Palmyra sein wird?», fragte sie mich. Damit bezog sie sich auf die Zerstörung des Baal-Tempels in dieser antiken semitischen Stadt in Syrien, ein Weltkulturerbe der UNESCO wie die Kathedrale, in der wir uns begegneten. «Wann werden diese islamischen Barbaren hierherkommen und den Dom von Chartres dem Erdboden gleichmachen?», fuhr sie fort. «Wann werden sie unsere Rebstöcke aus dem Boden reissen und unsere Weinberge roden, wann unsere Weinfässer zerschlagen? Wann wird bei uns Rotwein durch die Strassen fliessen wie in Amerika zur Prohibitionszeit, diesmal aber mit Blut vermischt? Werden auch in Europa bald Christen versklavt, geköpft, gekreuzigt oder verbrannt werden wie die Chaldäer im Irak?»

Ich antwortete: «Es ist gespenstisch, was Sie da sagen, Madame. Ich stamme aus Leipzig. Meine geistliche Heimat war die Thomaskirche, vor deren Altar Johann Sebastian Bach beigesetzt ist. Vor einigen Jahren sass ich dort im Chorraum und liess meine Füsse auf seiner Grabstätte ruhen. Die Thomaner sangen gerade den Chorus zu Beginn des Weihnachtsoratoriums: ‹Jauchzet, frohlocket, auf preiset die Tage›. Da überwältigte mich eine ähnliche Vorahnung: Werden die Muslime dereinst diesen Kindern das Singen verbieten? Werden sie die beiden mächtigen Orgeln der Thomaskirche herausreissen? Werden sie ihre Glocken durch einen Muezzin ersetzen? Werden sie Konzerte und Kunstausstellungen verbieten? Werden sie Frauen steinigen?»
«Werden sie?», fragte mich die Französin.

(Artikelauszug aus factum 03/2016)