Christen dürfen selbstbewusster in ihrer Rolle als Botschafter und Kinder Gottes auftreten und diese Freude nach aussen tragen. Exemplarisch dafür steht die Geschichte von Mephi-Boschet.
Bettina Hahne-Waldscheck
4. Juni 2020

Im zweiten Buch Samuel findet sich die Geschichte von Mephi-Boschet, über den man selten in Sonntagspredigten hört; dabei ist es eine Erzählung, die ans Herz geht. Mephi-Boschet ist der Sohn von Jonatan, Davids allerengstem, geliebten Freund aus Jugendzeiten. Mephi-Boschet hätte schon lange in Königswürden leben können, doch wusste er nichts um die Rechte, die er um seines Vaters willen hatte.

Eine Erzählung, die ans Herz geht

«Und David sprach: Ist noch jemand übrig geblieben von dem Hause Sauls, dass ich Barmherzigkeit an ihm tue um Jonatans willen? Es war aber ein Knecht vom Hause Sauls, der hiess Ziba; den riefen sie zu David. Und der König sprach zu ihm: Bist du Ziba? Er sprach: Ja, dein Knecht. Der König sprach: Ist da noch jemand vom Hause Sauls, dass ich Gottes Barmherzigkeit an ihm tue? Ziba sprach zum König: Es ist noch ein Sohn Jonatans da, lahm an den Füssen. Der König sprach zu ihm: Wo ist er? Ziba sprach zum König: Siehe, er ist in Lo-Dabar im Hause Machirs, des Sohnes Ammiëls. Da sandte der König David hin und liess ihn holen von Lo-Dabar aus dem Hause Machirs, des Sohnes Ammiëls. Als nun Mephi-Boschet, der Sohn Jonatans, des Sohnes Sauls, zu David kam, fiel er auf sein Angesicht und huldigte ihm. David aber sprach: Mephi-Boschet! Er sprach: Hier bin ich, dein Knecht. David sprach zu ihm: Fürchte dich nicht, denn ich will Barmherzigkeit an dir tun um deines Vaters Jonatan willen und will dir das ganze Ackerland deines Vaters Saul zurückgeben; du aber sollst täglich an meinem Tisch essen. Er aber fiel nieder und sprach: Wer bin ich, dein Knecht, dass du dich wendest zu einem toten Hund, wie ich es bin? Da rief der König den Ziba, den Knecht Sauls, und sprach zu ihm: Alles, was Saul gehört hat und seinem ganzen Hause, hab ich dem Sohn deines Herrn gegeben ... Und Mephi-Boschet, sprach David, esse an meinem Tisch wie einer der Königssöhne. Und Mephi-Boschet hatte einen kleinen Sohn, der hiess Micha. Und alle, die im Hause Zibas wohnten, dienten Mephi-Boschet. Mephi-Boschet aber wohnte in Jerusalem, denn er ass täglich an des Königs Tisch» (2. Sam. 9,1–13).

Man stelle sich das vor: Mephi-Boschet lebte wie ein Bettler in dem heruntergekommenen Ort Lo-Dabar, dabei hätte er als Sohn Jonatans schon lange am Tisch des Königs sitzen können. Doch auch als König David ihn zu sich ruft, kommt er nicht auf die Idee, dass ihm jetzt Gutes erwiesen wird, nein, er kriecht an wie ein «toter Hund». Dabei hatten sein Vater und David die engste Freundschaft, die man sich auf Erden vorstellen kann: «Jonatan liebte David wie sein eigenes Leben. Er schloss mit David einen Bund, denn er hatte ihn lieb wie sein eigenes Herz. Er zog den Mantel, den er anhatte, aus und gab ihn David, ebenso seine Rüstung, sein Schwert, seinen Bogen und seinen Gürtel» (1. Sam. 18,1–4). Und David erwiderte diese Liebe. Folgendermassen reagierte er beim Abschied von Jonatan: «David erhob sich von der südlichen Seite her und fiel auf sein Angesicht und verneigte sich dreimal; danach küssten sie einander und weinten zusammen, David aber am allermeisten. Und Jonatan sprach zu David: Geh hin in Frieden!  Für das, was wir beide geschworen haben im Namen Gottes, dafür stehe Gott zwischen mir und dir, zwischen meinen Nachkommen und deinen Nachkommen in Ewigkeit» (1. Sam. 20,41–42). Nach diesem Abschied fielen Jonatan und sein Vater Saul in einer Schlacht gegen die Philister. Als David davon erfuhr, stimmte er ein Klagelied an: «Weh ist es mir um dich, mein Bruder Jonatan, ich habe grosse Freude und Wonne an dir gehabt. Du warst mir sehr lieb ...» (2. Sam. 1,26).

Ein Platz am Tisch des Königs

Nun also, viele Jahre später, kann David seine Liebe gegenüber Jonatan stellvertretend an Jonatans Sohn erweisen. Mephi-Boschet darf mit Davids Königssöhnen zusammen am Tisch sitzen. Doch hätte Mephi-Boschet das nicht schon eher haben können? Lo-Dabar war die Stadt der Ausgestossenen. Lo-Dabar bedeutete «Nicht-Sache», «Mangel haben». Viele werden sich an den Kopf fassen: Wusste denn Mephi-Boschet nichts von der engen Freundschaft seines Vaters zu David? Wie konnte er so heruntergekommen leben?

So einige Christen leben heute ein wenig wie Mephi-Boschet. Sie kennen gar nicht ihre Rechte als Königskinder, meinen, wenn sie bettlerartig leben, würde sie das noch in Bescheidenheit auszeichnen. Doch damit machen sie Gott zu einem schlechten Vater. Kein König wollte, dass seine Kinder als heruntergekommene Bettler leben. In der Bibel heisst es: «Er hat uns mitauferweckt und mitsitzen lassen in der Himmelswelt in Christus Jesus» (Eph. 2,6). Auch wir sitzen in der unsichtbaren Welt bereits mit am Königstisch.

Mutig und zuversichtlich zum Vater kommen

Jesus hat uns mit seinem Blut teuer erkauft. Deshalb dürfen wir uns wie Königskinder fühlen und mutig und zuversichtlich mit unseren Bitten zum Vater kommen, so wie das Kinder auch bei irdischen Vätern tun. «Lasst uns also voll Zuversicht hinzutreten zum Thron der Gnade, damit wir Erbarmen und Gnade finden und so Hilfe erlangen zur rechten Zeit!» (Hebr. 4,16).

Lesen Sie den ganzen Artikel in factum 03/2020.