In der internationalen Klimapolitik gewinnen religiöse Gruppen und Organisationen nach politikwissenschaftlichen Studien zunehmend an Einfluss. Der «Organisationsgrad des religiösen Engagements» wächst. Zudem fördert das Engagement gegen den angenommenen Klimawandel die Interreligiosität und fördert interreligiöse Koalitionen.
Thomas Lachenmaier
11. März 2018

Das sind Ergebnisse des Forschungsprojekts «Religiöse Akteure in der Global Governance» der Norwegischen Universität für Umweltund Biowissenschaften (NMBU).

Religiöse Gruppen haben sich «etwa bei den UN-Klimakonferenzen als Akteure unter den Nichtregierungsorganisationen etabliert und werden als eine Macht ernst genommen, die in vielen Ländern, nicht zuletzt durch hohe Mitgliederzahlen, umweltpolitische Prozesse effektiv anstossen können», sagte die Politikwissenschaftlerin Prof. Dr. Katharina Glaab. Um «klimapolitisch wirksam zu werden, gründen religiöse Akteure interreligiöse Koalitionen und kooperieren mit säkularen Organisationen », so Glaab. Christliche Organisationen wie «Brot für die Welt», die «Lutheran World Federation» und der Vatikan arbeiten mit muslimischen, buddhistischen und interreligiösen Gruppen zusammen. Als Beispiel nannte sie das religionsübergreifende Netzwerk «Interfaith Liaison Committee», das mit dem Sekretariat der UNKlimarahmenkonvention im Dialog steht, und das «Climate Action Network», in dem religiöse und zivilgesellschaftliche Akteure kooperieren.

Internationale Umweltpolitiker beziehen religiöse Akteure zunehmend in die Beratungen ein, «weil sie ihnen viel Potenzial für gesellschaftliche Transformationen zuschreiben», heisst es in der Studie. Man habe erkannt, dass politische, ökonomische und technologische Ansätze nicht ausreichen. Die niederländische Soziologin Dr. Annick de Witt hat über dieses Thema geforscht («Sich im Universum heimisch fühlen: Gegenwärtige Spiritualität und der Wandel zur Nachhaltigkeit»). Sie befasst sich mit den «spirituellen Weltsichten von Menschen und dem Einfluss auf ihr ökologisches Handeln». Dies sei etwa der Fall, wenn Naturliebhaber die Umwelt als Heiliges, etwa als «Mutter Natur», verehren und sich deshalb für ihren Schutz einsetzen.

Prof. Glaab stellt fest, dass die sogenannte «Erd-Charta» als «Deklaration grundlegender ethischer Prinzipien» für eine nachhaltige Entwicklung im globalen Massstab zeige, dass «die ökologischen, ökonomischen, sozialen, kulturellen, ethischen und spirituellen Probleme und Hoffnungen der Menschheit eng miteinander verbunden sind und ganzheitlich angegangen werden müssen». Die Charta soll nach dem Willen vieler umweltpolitischer Akteure als völkerrechtlich verbindlicher Vertrag von der internationalen Staatengemeinschaft ratifiziert werden.

(Artikel aus factum 02/2018)