Unbeachtet von der Weltpresse arbeitet das israelische Militär mit christlichen Ärzten zusammen, um in Syrien Krankenhäuser zu betreiben. Humanitäre Aktion unter schwierigsten Bedingungen.
Bettina Hahne-Waldscheck
9. Februar 2018

Im Dunkel der syrischen Nacht, auf den Golanhöhen, unweit der israelischen Grenze, finden die Lichtkegel von Taschenlampen Halt an einer Gruppe von Menschen. Endlich haben die israelischen Soldaten gefunden, wonach sie suchten – und auch die Männer, Frauen und Kinder, die im Dunkeln warteten, haben in den Israelis gefunden, worauf sie hofften. Es sind verwundete und kranke Syrer, für die es in dieser Region keine medizinische und humanitäre Hilfe mehr gibt. Die Soldaten der Israel Defense Forces (IDF) bringen die Notleidenden in eine Klinik, wo sie versorgt werden. Der Partner der IDF-Soldaten ist die christlich-medizinische Organisation Frontier Alliance International (FAI), gegründet 2012 mit dem Ziel, medizinische Hilfe und Fürsorge mit Mission zu verbinden.

Völlig unbeachtet von der Weltpresse begann damit ein in mehrfacher Hinsicht spektakuläres und aussergewöhnliches Projekt: Die Christen von FAI und die israelische Armee haben zwei Notfall-Kliniken – und das in Syrien! – unter dem Titel «Mercy Medical Centers» eingerichtet. Die Israelis sorgen für die medizinische Ausstattung, Essen, Treibstoff für die Notstrom-Generatoren und das medizinisch-technische Equipment.

Die IDF liefert solche Hilfsgüter auch an weitere Kliniken in Syrien, so zum Beispiel an eine provisorische Geburtsklinik, die Ultraschallgeräte, Inkubatoren und weitere medizinische Ausstattung erhält. Zuvor gab es in dieser Region, in der 225 000 Menschen wohnen, keine Frauenklinik. Das israelische Militär sorgt auch für die Sicherheit der Mission im Krisengebiet und kümmert sich um die aufwendige Logistik, den Transport des medizinischen Personals von FAI und der Hilfs- und Verbrauchsgüter. «Es ist ein grosses Privileg für uns, mit den IDF zusammenzuarbeiten», zeigt sich FAI-Gründer und Direktor Dalton Thomas beeindruckt, «wir lieben das jüdische Volk und die Israel Defense Forces.»

«Wir wollten in Konfliktzonen helfen, die von christlichen Organisationen vernachlässigt sind», erklärt Thomas gegenüber factum. Unsere Arbeit begann unter syrischen Flüchtlingen in der Türkei, dann gingen wir in den Irak und in weitere Länder rund um Syrien. Dabei kamen wir mit dem israelischen Militär, den Israel Defence Forces in Kontakt. Sie haben uns Anfang 2017 gefragt, ob wir mit ihnen eine Kooperation in der Hilfe für Syrien eingehen», erklärt Thomas weiter. «Wir fragten die IDF, was die Syrer brauchen. Sie antworteten: ‹Sie brauchen Ärzte.›»

Erst kürzlich kamen Details dieser von den Israel Defense Forces bereits vor fünf Jahren gestarteten und vor der Öffentlichkeit verborgenen humanitären Operation ans Licht. Eine Armee hilft ihrem Feind, denn offiziell sieht sich Syrien mit Israel im Kriegszustand. Anders als Ägypten und Jordanien hat sich Syrien geweigert, einen Friedensvertrag mit Israel abzuschliessen. Die Mission begann als Ad-hoc-Aktion, als vor einigen Jahren verletzte Syrer von ihren Verwandten zur israelischen Grenze gebracht wurden. Sie baten das israelische Militär um Hilfe. Daraus wurde 2016 eine grosse humanitäre Hilfe, die «Operation Good Neighbor» («Guter Nachbar»).
Die FAI-Ärzte arbeiten unter unvorstellbar schwierigen Bedingungen, manchmal sogar in Untergrund-Bunkern. Kürzlich halfen sie dort unter dem Getrommel der niederprasselnden Fliegerbomben zwei Babys auf die Welt. Auf den Videos auf der Homepage von FAI, die die Ärzte bei der Arbeit zeigen, sieht man teilweise brutale Bilder von abgetrennten Armen und Beinen und von bombenzerfetzten Brustkörpern. Dalton Thomas: «Wir leisten Notfallhilfe, doch unser Hauptfokus sind Familien. Wir wollen besonders der nachfolgenden, jungen Generation helfen sowie den Müttern, die Babys inmitten des Krieges gebären. Wir glauben, dass Jesus möchte, dass wir in schwierigen Orten anwesend sein sollen. Bei den Menschen. Dass wir mit ihnen weinen und uns mit ihnen freuen sollen. Wir möchten ihnen sagen, dass wir sie lieben. Wir tun das alles wegen Jesus, wegen Syrien und wegen Israel.

Lesen Sie den ganzen Artikel in factum 01/2018.