Die älteste dokumentierte Verschwörungstheorie steht in 2. Mose 1. Der neue Pharao weiss nicht, wie viel Gutes Josef und das jüdische Volk für sein Land bewirkt haben. Er unterstellt ihnen einen bösen Plan. Diese Behauptung des Königs ist eine Verleumdung.
Thomas Lachenmaier
30. Juni 2020

ie Verschwörungstheorie mit der verheerendsten Wirkung ist die von den angeblichen «Protokollen der Weisen von Zion», die seit Ende des 19. Jahrhunderts in immer neuen Versionen um die Welt zirkuliert: Juden hätten einen raffinierten Plan zur Erlangung der Weltherrschaft ausgeheckt. Auch in modernen Versionen bestimmt meist dieser Grundakkord die Melodie: Das Unheil kommt von «den Juden». Das ist das Gegenteil von dem Jesuswort «Das Heil kommt von den Juden» (Joh. 4,22).

Es ist klar, was aus biblischer Sicht davon zu halten ist. Kein Buch warnt so eindringlich davor, Schlechtes über andere Menschen, Völker oder Gruppierungen zu sagen. Nicht nur Lüge, auch üble Nachrede und unnützes Gerede ist Gott ein Gräuel. Jedes Reden soll einen Sinn haben, soll echter Austausch sein: informieren, helfen, trösten, lehren, durch Freundlichkeit auferbauen. Lieber öfter mal den Mund halten als vorschnell geredet.

Was wir aber heute erleben, ist, dass der Vorwurf «Verschwörungstheoretiker» geradezu kampagnenartig, wie eine Waffe gegen jeden in Stellung gebracht wird, der sich kritisch über die Corona-Massnahmen äussert, gegen den Abbau von Bürgerrechten Stellung bezieht, die Impfung der ganzen Weltbevölkerung für nicht sinnvoll hält oder in anderen Fragen der Politik widerspricht. Dass Bill Gates die ganze Weltbevölkerung impfen will, ist keine Verschwörungstheorie. Das ist ja seine offizielle Mission, die er in Interviews und Gesprächen mit Politikern erläutert, wie jeder nachlesen kann. Die Politik würdigt seine Führungsrolle. EU-Ratspräsidentin von der Leyen: «Thank you for your leadership.» Auch dass die digitale Identifizierung des Menschen, eine globale ID, möglich wird und näher rückt, ist keine Verschwörungstheorie. In wissenschaftlichen Publikationen wird das erläutert, in Fachzeitschriften für den technologischen Fortschritt werden Vor- und Nachteile diskutiert.

Der Philosoph Daniel von Wachter hat in einer Untersuchung dargelegt, wie dieser Vorwurf als Instrument eingesetzt wird, um Ansichten und Personen abzuwerten und zu diskreditieren. Integre Persönlichkeiten – Wissenschaftler, Journalisten, Bürger, Blogger – werden radikal diffamiert, eingeschüchtert und ausgegrenzt. Ein Beispiel von Dutzenden möglichen: Der Direktor des «Instituts für Öffentliche Finanzen» der Leibniz-Universität Hannover, Stefan Homburg, wurde in infamer Weise persönlich attackiert und herabgesetzt, als «Dr. Verschwörung» diffamiert. Er hatte in der «Welt» nüchtern und plausibel dargelegt, dass der Lockdown absehbar ein Fehler war. Er ist, wie viele andere mit vom Regierungskurs abweichenden Meinungen, persönlich beleidigt worden. Daniel von Wachter hat dokumentiert, dass im ZDF und anderen Medien noch kurz vor Ausrufung der grossen Corona-Panik die Behauptung als «Verschwörungstheorie» bezeichnet wurde, das Corona-Virus sei (im Gegensatz zur damals noch gültigen Kanzleramts-Doktrin) eine Pandemie. «Der rationale Mensch wird versuchen, sich nicht beeinflussen zu lassen von Meinungsdruck, von Autoritätsgehabe, von Manipulationsversuchen», so von Wachter.

Der Grad an Diffamierung, den heute Politiker und Medien einsetzen, stellt eine neue Dimension manipulativer politischer Auseinandersetzung dar. Man kennt dies eigentlich nur von stalinistischer Propaganda. Verschärft wird der Vorwurf, Verschwörungstheoretiker zu sein, dadurch, dass diesen Hypothesen ein demokratiegefährdendes Potenzial zugesprochen wird. Aber die Demokratie stirbt nicht dadurch, dass richtige oder falsche Hypothesen oder auch dummes Zeug behauptet werden. Sie stirbt daran, dass durch Diffamierung, Verbote, Zensur und Publikationsverhinderung die freie Meinungsäusserung und Meinungsbildung behindert wird, dass demokratische Verfahren nicht eingehalten werden und der Staat sich nicht an die Gesetze hält. Die parlamentarische Demokratie ist dann in Gefahr, wenn erklärte Feinde der Verfassung zu Richtern über die Verfassung werden, wie in Mecklenburg-Vorpommern geschehen (siehe S. 11).

Natürlich muss es in einer Demokratie möglich sein, den Umstand zu kritisieren, dass politische Entscheidungsprozesse immer mehr von Personen und Organisationen manipuliert werden, die nicht demokratisch legitimiert sind.  Niemand kann mächtige NGO’s oder Multimilliardäre wie Bill Gates wählen oder abwählen. Sie haben keine demokratische Legitimation, sind ausserhalb parlamentarisch-demokratischer Kontrolle.

Die beste Schulung zum Verständnis der Welt und auch der sich überschlagenden aktuellen Ereignisse ist das stete Lesen von Gottes Wort. Wer seine Wahrnehmung daran kalibriert, wird weder Verleumdern noch autokratischen Politikern und Milliardären mit postuliert altruistischem Sendungsbewusstsein auf den Leim gehen. Die Bibel offeriert das Angebot, doch um Weisheit und Verständnis zu bitten: «Wenn es aber jemandem unter euch an Weisheit mangelt, so bitte er Gott, der jedermann gern und ohne Vorwurf gibt; so wird sie ihm gegeben werden» (Jak. 1,5). Dieses Angebot steht.

Artikel aus factum 04/2020.