Afrika wird heute wieder kolonialisiert – nicht durch Armeen, sondern durch westliche Regierungen und humanitäre Organisationen, die Geburtenkontrolle und Abtreibung propagieren. Das ist die Überzeugung der Autorin und Aktivistin Obianju Ekeocha.
Reinhold Scharnowski
12. September 2018

Diese neue Form der Kolonialisierung gründe in einem Herrschaftsdenken, schreibt die aus Nigeria stammende Ekeocha in ihrem Buch «Target Africa: Ideologischer Neo-Kolonialismus im 21. Jahrhundert». Das Buch beschreibt unter anderem die politischen Absichten hinter westlicher Entwicklungshilfe. Ekeochas Engagement begann, als im Jahr 2012 Melinda Gates, die Gattin von Bill Gates, ein Fünf-Milliarden-Programm zur Empfängnisverhütung für Afrika vorstellte. Ekeocha schrieb Gates umgehend, dass sie als nigerianische Katholikin so etwas weder wolle noch nötig habe. Was Afrikaner brauchten, seien gute Gesundheitssysteme, Nahrungsprogramme für Kinder und bessere Bildungsmöglichkeiten.

Fast alle «Hilfsprogramme», mit denen der Westen versuche, seine Lösungen für Afrika anzubringen, basierten auf dem Gedankengang «Klimakatastrophe – weniger Nahrung – immer mehr Menschen – Bevölkerungsreduktion ist nötig». Basierend auf dem Buch «Die Bevölkerungsbombe» aus dem Jahr 1968, dessen apokalyptische Voraussagen nie eingetroffen seien, setzten all diese «Hilfen» bei der Wurzel der «Bevölkerungsexplosion», nämlich der weiblichen Fruchtbarkeit, an. Mit dieser Strategie «kämpfen westliche Nationen, Organisationen und Stiftungen gegen die Körper afrikanischer Frauen», ist Ekeocha überzeugt. Das alles habe 1994 begonnen, als an einer Konferenz in Kairo definiert wurde, dass auch Geburtenkontrolle für afrikanische Länder als Entwicklungshilfe gelte.

Seit dem Klimagipfel von 2009 könnten nun westliche Individuen und Organisationen ihren «ökologischen Fussabdruck» abgelten, indem sie für Empfängnisverhütung und Sterilisierung in afrikanischen Ländern spenden. Das gebe dem Westen einen Freibrief, «sein ökologisches Gewissen zu beruhigen, indem man einen armen Afrikaner daran hindert, geboren zu werden».

(Artikel aus factum 07/2018)