Nicht mehr Geld auszugeben, als man hat, ist ein moralischer Grundsatz. Mancher, der in der Patsche sitzt, wäre froh, er hätte so gehandelt. In der Wirtschaft, wie auch im Privaten, ist es dennoch legitim und kann vernünftig sein, diesem Rat nicht immer zu folgen. In Massen genossen werden Schulden zur Investition.
Thomas Lachenmaier
26. Februar 2019

Wenn dieser Grundsatz aber mit Füssen getreten wird und man nur noch von Schulden lebt, dann macht man sich schuldig. Die europäischen Länder und auch die EU setzen seit vielen Jahren auf das grenzenlose Schuldenmachen, angetrieben durch rekordtiefe Zinsen. Nun kommt das Ende der Fahnenstange in Sicht und die Angst wächst, dass das Kartenhaus in einem Finanzcrash zusammenfällt.

Um fantasievolle Ideen, wie die Schuld(en)wirtschaft am Laufen gehalten werden kann, war der Internationale Währungsfonds (IWF) noch nie verlegen. Aber langsam wird es eng: Die bewährte Methode, die Konjunktur im Abschwung durch tiefe Zinsen zu stimulieren, wird kaum funktionieren: Noch tiefer geht bald nicht mehr.

Nun denkt der IWF über flächendeckende Negativzinsen nach: Wer Geld auf dem Konto hat, wird zu einer Gebühr auf sein Erspartes verdonnert – und damit dazu genötigt, sein Geld auszugeben. «Das würde die Nachfrage beflügeln, die Wirtschaft stimulieren», so die Experten (Experten für Schulden) des IWF. Der Plan scheitert aber an der Existenz von Bargeld: Die Sparer würden ihr Geld einfach abheben und zuhause verwahren und sparen.

Deshalb sieht ein IWF-Plan vor, für das Buchgeld auf dem Konto Negativzinsen (eine Strafgebühr) einzuführen und zugleich Bargeld nur noch zu demselben verringerten Kurs beziehen zu können. Das käme also einer Entwertung auch des Bargeldes gleich. Dem IWF und den Finanzministern ist das Bargeld ein grosses Ärgernis. Haben sie es erst einmal entwertet und dann abgeschafft, steht der Enteignung der Sparer nichts mehr im Wege.

Artikel aus factum 02/2019.