«Alles, was ihr tut, geschehe in Liebe» ist die Jahreslosung für 2024. Wir sind aufgefordert, im Blick auf Jesus täglich von Ihm zu lernen, denn Er will uns in seine Art zu lieben einüben.
Jörg Swoboda
26. Dezember 2023

In wenigen Wochen feiern wir als Ehepaar, so Gott will und wir leben, unsere Goldene Hochzeit. Wir sind dankbar, dass Gott uns 50 Jahre zusammengehalten hat. Klippen für unser Eheschiff gab es genug. Schon wenige Jahre nach unserer Liebeshochzeit steckten wir in einer Klemme. Bei allem guten Willen waren wir mit unserem Ehe-Latein am Ende. Alles stand auf dem Prüfstand.

Liebe – eine hohle Nuss?

Liebe ist rätselhaft, denn keiner kann genau sagen, was Liebe ist. Der eine sagt dies, der andre das. Da ist es schon verwunderlich, dass immer wieder Paare aus Liebe heiraten. Mehrmals im Monat fahren Hochzeitskorsos hupend an unserem Haus vorbei.

Liebe steht in der deutschen Sprache allgemein für stärkste Zuneigung und Wertschätzung, jedenfalls laut Duden und Wikipedia. Von Liebe ist oft die Rede, obwohl etwas anderes gemeint ist, so zum Beispiel bei «käuflicher Liebe» und «Affenliebe». Für Liebe gibt es im Deutschen nur diesen einen Begriff; darum ist er zwangsläufig verschwommen. Nur der Zusammenhang entscheidet, was jeweils gemeint ist. Andere Sprachen sind reicher und verwenden verschiedene Begriffe. So finden wir im neutestamentlichen Koiné-Griechisch die treue und verlässliche Freundes- oder Nächstenliebe Phília, die herzliche Bruderliebe Philadelphía und die aufopferungsbereite, göttliche Liebe Agápe. Ausserbiblisch beschreibt Éros noch den speziellen Magnet zwischen Mann und Frau; und der poetisch gebrauchte Begriff Storgé hat besonders die Liebe zwischen Eltern und Kind im Blick.

In allem schwingt mit: Lieben kann man nicht theoretisch. Genauso wenig, wie man theoretisch kochen kann. Ohne Taten ist Liebe nur eine hohle Nuss. Vor allem Jesus hat die Liebe konsequent an die Praxis gekoppelt. So finden wir es auch im Quelltext unserer Jahreslosung in 1. Korinther 16,13 und 14. In hoher Sinndichte und in einem Atemzug mit dem Jahresmotto werden handfeste Regeln der Christus-Nachfolge aufgezählt: «Wacht, steht im Glauben, seid mutig und seid stark! Alle eure Dinge lasst in der Liebe geschehen!» Das sind kernige Aufforderungen, die sich auf konkrete Lebenszusammenhänge beziehen.

Oft leuchten Begriffe erst auf, wenn wir Gegensatzpaare bilden. Zum Beispiel solche zu den Begriffen in den zitierten Versen: «Wachsamkeit» gegen Ablenkung durch Zerstreuung, «standfester Glaube» gegen irritierenden Zweifel, «Mut» gegen blockierende Resignation, «Stärke» gegen lähmende Hoffnungslosigkeit. «Alle eure Dinge» meint: Was auch immer ihr tut, tut es in Liebe. Für das Verhalten von Jesus-Jüngern gilt also das Handlungsprinzip Liebe, aber nicht als Schaumbad der Gefühle, sondern als handfeste Herausforderung. Jedes konkrete Verhalten entspringt einer inneren Haltung. Denn was wir tun, passiert zuerst im Kopf. Also ist die bewegende Liebeskraft die Mitte, um die «alle unsre Dinge» kreisen. Wo finden wir den Massstab für Liebe?

Auf Jesus schauen

Wir waren also in Sachen Liebe ziemlich kleinlaut geworden, lasen aber bei einer Andacht das dreizehnte Kapitel im 1. Korintherbrief. Paulus beschreibt darin, was die Agápe kann und tut. Könnte sie schöner beschrieben werden als in diesem Kapitel? Wir waren innerlich bewegt, aber gleichzeitig auch entmutigt. Was für ein Massstab! Die Latte lag unerreichbar hoch. «Das können wir nicht», waren wir uns einig. Die rosa Brille war uns schon lange von der Nase gefallen, und wir hatten eingesehen: Unsere Liebe humpelt oft nur vor sich hin. Doch mitten in unserer Mutlosigkeit wurde uns klar: Das Kapitel beschreibt nicht unser, sondern Gottes Wesen. Nicht unsere, sondern Gottes Liebe ist gemeint. Und noch konkreter: «Die Liebe Gottes ist erschienen in Jesus Christus, unserem Herrn» (Röm. 8,39).

Die Gottesliebe erkennen wir am klarsten in Jesus. Wenn wir nach der Agápe-Liebe fragen, können wir nichts Besseres tun, als auf Jesus zu schauen. Das «Hohelied der Liebe» passt auf keinen Menschen, sondern hundertprozentig nur auf Jesus, stellten wir erleichtert fest. Aber wir verstanden auch: Jesus nimmt uns in die Pflicht, wenn er sagt: «Nehmt auf euch mein Joch und lernt von mir; denn ich bin sanftmütig und von Herzen demütig; so werdet ihr Ruhe finden für eure Seelen» (Matth. 11,29). Jesus will uns in seine Art zu lieben einüben.

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